Mein Mandant wurde in einem Krankenhaus im Osten Österreichs aufgrund einer Gallenblasen-Entzündung operiert. Die Operation wurde laparoskopisch begonnen. Allerdings hat sich bald gezeigt, dass durch entzündliche Veränderungen Verwachsungen mit umliegenden Strukturen vorhanden waren und der Eingriff als eher schwierig eingestuft werden musste. Deshalb wurde richtigerweise frühzeitig auf eine offene Operation gewechselt.
Im Rahmen einer späteren medizinrechtlichen Aufarbeitung hat ein hinzugezogener chirurgischer Sachverständiger die dann folgenden Ereignisse in seinem Gutachten so beschrieben: Bei den weiteren Präparationsschritten ist es zu einem Verlust der Kontrolle gekommen. Nur so ist es erklärbar, dass keine Klarheit über die anatomischen Strukturen gewonnen wurde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Operation durch Hinzuziehen eines versierten Kollegen über dem Niveau eines Assistenten fortgeführt oder auch abgebrochen werden müssen. Es folgten drei schwerwiegende Fehler: Es wurde dann, ohne es zu erkennen, die rechte Leberarterie verschlossen, der Gallengang zur Leber zerstört und die untere Hohlvene durch eine Naht auf etwa 50% eingeengt mit den fatalen Folgen einer Thrombose und dem Verlust der rechten Niere.
Mein Mandant wurde bald nach der Operation ins AKH Wien transferiert, wo er von mehreren Ärzteteams aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen über viele Stunden notfallmäßig operiert werden musste. Glücklicherweise hat mein Mandant diesen Kontrollverlust überlebt. Die Schmerzen, die mein Mandant erleiden musste, waren lange mitunter heftig. Bestimmte Beschwerden und Einschränkungen infolge der ursprünglichen Operation bestehen bis heute und werden zeitlebens bestehen bleiben.
Der Sachverständige kritisierte die auffallende Sorglosigkeit während der Operation. Es seien klare Warnzeichen missachtet und offensichtlich keine der Strukturen identifiziert worden. Kritisiert hat der Sachverständige außerdem die fehlende Einsicht des Operateurs in einer Stellungahme, die mehrere Monate nach der OP verfasst wurde. Als der Arzt der völlig aus dem Ruder gelaufenen Operation seine Stellungnahme abgab, waren ihm die Berichte der Ärzte aus Wien bekannt. Dennoch blieb man bei einer Darstellung, wie sie im ursprünglichen Operationsbericht zu finden war.
Nicht nur das: Vielmehr stritt die involvierte Klinik – nach wie vor im außergerichtlichen Stadium – sämtliche Vorwürfe ab und verwies dabei auf offenkundige Gefälligkeitsgutachten, die schon auf den ersten Blick nichts wert waren. Obwohl es also mehrere Berichte von nachbehandelnden Ärzten gab, aus denen der schwer zu verdauende Sachverhalt objektiv ableitbar war und zudem ein Gutachten eines renommierten, mit Sicherheit unbefangenen Mediziners einer Universitätsklink vorlag, welches klar und sehr deutlich mehrere Verfehlungen aufzeigte, war mein Mandant letztlich gezwungen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Glücklicherweise wurde im Gerichtsverfahren ein Sachverständiger bestellt, der integer war und objektiv arbeitete, sodass der beklagten Krankenanstalt letztlich doch einen Vergleichsvorschlag akzeptierte und die Angelegenheit schlussendlich mit einer Schadenersatzzahlung erledigt werden konnte.
Patrick Beichl
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